Die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens hängt wesentlich von dessen wirtschaftlicher und gesellschaftlichen Legitimation ab. Wirtschaftliche Legitimation, insbesondere von Seiten der hierfür relevanten Berührungsgruppen wie Kunden und Geldgeber, war schon immer zentraler Gegenstand der Unternehmensführung. Hierfür steht das gesamte Instrumentarium der Wirtschaftswissen-schaften. Die gesellschaftliche (sozial-/ökologische) Legitimation wird zusehends zu einer zweiten wichtigen Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen und damit auch zu einem weiteren wesentlichen Bestandteil der Unternehmensführung. Welches Unternehmen kann schon noch darauf verzichten auf seiner Website darauf hinzuweisen wie wichtig das Thema Nachhaltigkeit für das Unternehmen ist? Allerdings glaube ich, ist Nachhaltigkeit kein Ziel per se, sondern lediglich ein Mittel / Prinzip um die Lebensfähigkeit / Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Letztlich geht es darum Produkte und Dienstleistungen die für ein gutes Leben erforderlich sind auf eine sozial und ökologisch verträgliche Art und Weise herzustellen. Das darf nicht auf Kosten der Substanz gehen, die für die Erträge die Grundlage ist.
Für den Begriff „Wirtschaftliche Legitimation“ könnte auch der Begriff „Wirtschaftliche Lebensfähigkeit“ stehen, für den Begriff „Gesellschaftliche Legitimation“ der Begriff „Sozial-/ökologische Verantwortung“.
In ein Wertequadrat* eingefügt, könnte das dann folgendermaßen aussehen:
Nicht immer, aber oft stehen wirtschaftliche und sozial-/ökologische Zielsetzungen in einem Spannungsverhältnis, bzw. in einem Zielkonflikt.
Eine einseitige Ausrichtung auf Wirtschaftlichkeit kann dabei leicht zu einer mehr oder weniger rücksichtslosen Gewinnoptimierung führen, die letztlich die gesellschaftliche Legitimation des Unternehmens in Frage stellen kann. Eine einseitige Ausrichtung auf sozial-/ökologische Verantwortung, ohne der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit der Organisation ausreichend Beachtung zu schenken, führt dagegen möglicherweise zu ineffektiven und ineffizienten Prozessen die entweder in (1) (zu) hohen Verkaufspreisen oder geringen Margen zum Ausdruck kommen, (2) Selbstausbeutung fördern oder (3) (häufig) auch zu ineffizientem Sozialgebaren. Letztlich wird dadurch mehr oder weniger die wirtschaftliche Legitimation, also die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit des Unternehmens in Frage gestellt.
Die Welt braucht aber Organisationen, die wirtschaftlich lebensfähig sind und damit dauerhafte Beiträge zu einer „sinnvollen“, gesellschaftlich wertvollen Wertschöpfung leisten können.
Aber wie mit den dabei häufig auftretenden Zielkonflikten zwischen Sicherung der eigenen Lebensfähigkeit und Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung umgehen?
Hierzu müssen Zielkonflikte und deren Bedeutung für das Unternehmen erst einmal sichtbar gemacht werden, Handlungsoptionen müssen gefunden und anhand definierter Kriterien verglichen und bewertet werden. Das erfordert eine konkrete Auseinandersetzung mit den zugrundeliegenden Werthaltungen und deren Ausprägungen, sowie Methoden und Instrumente mit denen solche Fragestellungen gelöst werden können.
Auch im Hinblick auf die Fähigkeit von Unternehmen zur Selbstorganisation braucht es eine klare Orientierungen, wie Entscheidungen im Spannungsverhältnis „Wirtschaftliche Lebensfähigkeit“ zu „Sozial-/ökologischer Verantwortung“ getroffen werden können. Ohne diese Klarheit besteht einerseits die Gefahr, dass Entscheidungsträger mit Entscheidungen überfordert werden, möglicherweise für das Unternehmen problematische oder suboptimale Entscheidungen treffen, oder andererseits, dass die Selbstorganisation durch Rückdelegation an „höhere“ Instanzen ihren Nutzen verliert.
Peter Frank
* Das Wertequadrat stammt ursprünglich von Nicolai Hartmann, bekannt wurde es vor allem durch Friedemann Schulz von Thun (vgl. https://www.schulz-von-thun.de/die-modelle/das-werte-und-entwicklungsquadrat)
Die Prämisse des Werte- und Entwicklungsquadrats lautet: Jeder Wert (jede Tugend, jedes Leitprinzip, jede menschliche Qualität) kann nur dann seine volle konstruktive Wirkung entfalten, wenn er sich in ausgehaltener Spannung zu einem positiven Gegenwert, einer „Schwesterntugend” befindet. Ohne diese Balance verkommt ein Wert zu seiner entwerteten Übertreibung.